Sonntag, 23. September 2012

Numbers- den Tod im Blick


Autor: Rachel Ward
Genre: Real life, Sci-Fi, Drama
Preis: 13, 95
Verlag: Chicken House
Seiten: 363


Jem hat eine Gabe. 
Eine unheimliche Gabe. 
Eine unmenschliche Gabe. 
Als kleines Mädchen wusste sie nie so Recht, mit den Zahlen zufangen, die ihr im Gedächtnis aufleuchteten, wenn sie in die Augen anderer Leute blickte. Doch als sie ihre Mutter tot im Schlafzimmer auffand, war ihr klar, was die Zahlen bedeuteten. 
Den Tod. 
Jahre später, nachdem Jem von einer Pflegemutter aufgenommen wird, lebt sie zurückgezogen und scheu. Sie will es nicht wagen, den Menschen, die vielleicht schon morgen oder übermorgen dem Tode geweiht sind, in die Augen zu blicken und sich gleichzeitig zu fragen - ist das meine Schuld? 
Doch dann läuft ihr Spinne über den Weg und auch, als sie sein immer näher heranrückendes Todesdatum sieht, fühlt sie sich nach einer Weile zu ihm hingezogen- denn er ist da, wenn sie sich alleine fühlt, wenn sie sich scheut, nach draußen zu gehen. 
Und als er ihr Geheimnis weiß, fühlt Jem sich erleichtert.
Doch plötztlich überschlagen sie die Ereignisse: als beim London Eye ein Anschlaf verübt wird, den Jem hat kommen sehen, wird ihr Halsüberkopf- Abgang misstrauisch beäugt und sie werden als Verdächtige gefahndet. Hals über Kopf fliehen Jem und Spinne aus der Stadt und in ein atemberaubendes Abendteuer hinein. 
Jem lernt etwas wichtiges, als sie mit Spinne durch ganz England reist und ihren Jägern nur Hals über Kopf entkommt - zu leben. Sie merkt, wie schön es sein kann, jemanden zu haben, mit dem sie Erlebnisse und Gefühle teilen kann und Spinne wird immer mehr zu dieser Person. 
Aber Spinnes Todesdatum rückt immer näher und Jem muss entscheiden - wie weit kann sie gehen, um ihn zu retten? 

Leseprobe

Die Einzige, die ihn bedrohte, war ich. Ich hatte dafür gesorgt - ich hatte ihn mir am 15 Dezember zurückgeholt. 15122010. Ich sah die Zahl und irgendwie wusste ich,  dass ihre Aussage wahr würde. Solange ich existierte, existierte auch die Zahl. Ich war die Zahl und die Zahl war ich. Ich weiß nicht, ob sie noch irgendjemand auf der Welt sehen konnte oder ob die Zahlen, die diese Person sah, diesselben waren wie meine, aber sobald ich eine gesehen hatte, war´s das. Sie änderten sich nicht, sie verschwanden nicht. Anne hatte Recht: ich war eine Zeugin, aber vielleicht nicht im üblichen Sinne. Ich bezeugte das Ende bestimmter Menschen an einem ganz bestimmten Tag.
Es gab nur eine Möglichkeit damit klarzukommen. Der einzige Weg, die Zahl zu löschen, war, die Person zu entfernen, die sie sah.
Ich konnte nicht damit rechnen, dass die Schlüssel wieder in einer Schublade in der Sakristei lagen, aber ich wusste, Simon hatte seine immer dabei. Er sprach gerade in einem der Seiteneingänge mit Anne und die Schlüssel schimmerten in einem großen Bündel an seiner Hüfte.
Ich lief auf ihn zu und griff danach. Ehe er kapierte, was ich tat, hatte ich sie von seinem Hosenbund gerissen. Ich schob ihn zur Seite und ratte zur Kirchentür. Es waren so viele Schlüssel, so viele, aber beim zweiten Versuch hatte ich den richtigen erwischt. Ich schaute nicht zurück, kein einziges Mal, sondern riss die Tür auf, schlüpfte hindurch, schlug sie hinter mir zu, verriegelte sieund sperrte damit all die erregten Stimmen aus, selbst die, dich ich so gern hören wollte.
Gerade die, die ich so gern hören wollte. Aber sie war in meinem Kopf, als ich die Wendeltreppe hochlief.
"Jem, verdammte Scheiße, was ...? Jem!"
Als ich aufs Dach trat peitschte mir der Regel waagrecht entgegen. Ich schloss die Tür am anderen Ende der Treppe ab und ging vorsichtig hinüber zum Turm. Innerhalb von Sekunden waren meine Sachen klatschnass und die Hose klebte an meinen Beinen. Als ich im Turm war, wusste ich, was ich zu tun hatte. Diesmal beachtete ich die andern Seitentüren gar nicht, sondern stieg einfachweiter, bis ich den Glöcknerraum fand. Dann rüber auf die andere Seite und die oberste Treppe rauf. Ich machte mir nicht mehr die Mühe, die letzte Tür zu verriegeln - die andern drei oder vier würden sie lang genug aufhalten. Wenn sie hier oben ankamen, wär es längst zu spät. Ich atmete schnell und schwer, meine Brust schmerzte vor der Anstrenung. Meine Knie zitterten vom Treppensteigen und der Wind schlug mir entgegen und warf mich fast um. Ich legte die beiden Hände auf die steinerne Brüstung.
Von tief unten hörte ich Rufe. Ich wollte vermeiden, runterzuschauen und richtete den Blick auf die Dächer und die Berge dahinter.
Ich wartete, bis ich wieder ein bisschen Luft kriegte, aber nicht so lange, dass das Adrenalin aufhörte, duch meinen Körper zu jagen. Die Augen auf den Horizont gerichtet, sprang ich leicht hoch und versuchte mich mit letzter Kraft auf die Steinmauer zu ziehen. Ich hockte einen Moment lang da und versuchte das Gleichgewicht zu finden, dann stand ich langsam, mit ausgebreiteten Armen auf.
In dem Dachpool gegenüber schwammen eine Handvoll Leute und trotzten dem Sturm über ihnen. Ich wusste jetzt genau, dass ich nie eine von ihnen werden würde, ich würde nie was anderes sein, als ich war -ein Mädchen, das den Menschen in ihrer Umgebung fünfzehn Jahre lang Tod und Zerstörung gebracht hatte. Ein Mädchen, das dumm genug gewesen war, an die Liebe zu gkauben, und jetzt wusste, dass es nur einen Weg gab, den Jungen zu retten, der sie liebte.
Vielleicht hatte ich ja in Wahrheit meine eigene Zahl gesehen. Sie hatte sich die ganze Zeit in Spinnes Augen gespiegelt.
15122010.
Der Tag, an dem ich mich von allen verabschiedete.


Obwohl man von Anfang an schon weiß, was passiert und worum es geht, ist es der Autorin wirklich phänomenal gelungen, den Leser in einen nie endenden Bann zu ziehen. Ich meine, wer kommt schon auf die Idee,  sich so etwas auszudenken? Ich finde, das zeugt von großartiger Fantasie!
Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Leichtigkeit, mit der sie Realität und Übernatürlichkeit miteinander verknüpft. So lässt es sich leicht lesen und zudem werden noch alle Kriterien von jugendlichen Erwartungen erfüllt: Action, Spannung, Liebe, Erotik, Tragik ...
Als Schreiberin weiß ich selbst, wie schwer es sein kann, diesen Ansprüchen entgegenzukommen, und deshalb finde ich, dass die Autorin mindestens 10 von 10 Punkten erreicht hat.

Auch der Einblick in Jems Inneres ist ein sehr wichtiger Teil der Geschichte. Viele Jugendliche können sich mit ihr identifizieren. Nicht, weil sie etwa eine besondere und gleichzeitig abstoßende Gabe wie ihre hätten - sondern weil sie das Außenseiterdasein nur zu gut kennen. Ich denke, jeder jugendliche macht einmal eine Zeit durch, in der er sich allein fühlt, nach jemandem sehnt, sich aber gleichzeitig zurückzieht. Jem verkörpert diese Art von Jugendlichem perfekt, denn einerseits kämpft sie nach außen hin darum, sich abzuschotten, doch andererseits ist der diese kleine Sehnsucht in ihrer Person, die sich nach etwas greifbarem sehnt.
Spinne ist auch ein sehr interessanter Charakter. Er ist sehr offensichtlich, ein emotionaler und eindringlicher Junge, und dennoch weiß niemand so Recht etwas über ihn und seine Vergangenheit. Es fasziniert, wie sehr er sich danach sehnt, zu leben und mit der Zeit gewinnt man ihr sehr lieb, auch wenn er als etwas heruntergekommen und schmuddelig beschrieben wird.
Ein wunderschönes Buch mit sehr einzigartgen Charakteren.


Fazit
Jem und Spinne sind so unterschiedlich wie Sonne und Mond- und haben doch so viele Gemeinsamkeiten. Mit ihrer brillianten Idee verführt die Autorin in eine Welt aus Schatten und Licht, an die Grenze zwischen Realität und Übernatürlichkeit. 
Unbedingt lesen!


11 Kommentare:

  1. Hey!
    Numbers fand ich auch super :)
    Dein Blog gefällt mir sehr, nur ist die Schrift auf Dauer anstrengend zu lesen.

    Liebe Grüße
    Luna:)

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    1. Dankechön :) Was sollte ich denn besser für ne Schrift nehmen ?

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    2. Vielleicht eine mit großen und kleinen Buchstaben? :)

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  2. Hallo!

    Ja, ich fand "Numbers" auch super, deine Schriftart ist zwar einmal ganz lustig, aber auf Dauer wirklich sehr anstrengend.
    Was mich sehr gefreut hat, war, dass dein Blog "Tintenwelt" heißt. Ich nehme Mal an, dass das was mit der Buchreihe von Cornelia Funke zu tun hat? Ich liebe die Bücher auch, deswegen nenne ich mich auch Tintenwelt-Fan.
    Ich bin auf jeden Fall gleich Mal Leser geworden und würde mich freuen, wenn du auch Leser auf meinem Blog wirst.
    http://www.jugendbuch-blog.blogspot.de/

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    1. Ja, ich bin ein großer Tintenwelt Fan :)) Ich werd dich besuchen kommen ;) Bis dann,

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  3. Huhu^^
    Dein Blog ist echt hübsch.Würde mich freuen wenn du mich auch mal besuchst.

    LG May

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  4. ...rückt auf unserem SuB nach deiner Rezension deutlich weiter nach oben :-)

    LG

    Kay

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  5. tolle Rezi :)
    Die Reihe will ich auch unbedingt noch lesen.

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  6. Habe einen Award für dich ;)

    http://mays-reviews.blogspot.de/2012/10/1-neuer-award-2-weitere-awards.html

    LG May

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  7. Ich hatte soviel erwartet - und wurde bitter enttäuscht. Es war nett zu lesen, aber mir fehlten Inhalte. Hier ist meine Rezension - übrigens einer der ersten, die ich geschreiben habe xD http://evyswunderkiste.blogspot.de/2012/08/numbers-den-tod-im-blick.html

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